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Kreativ bis zur letzten Rille

"Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" aus dem Jahr 1967 gilt als eines der ersten Konzeptalben der Rockgeschichte. Auch Peter Blakes Gestaltung des Covers setzte künstlerische Maßstäbe.

 

 

Auf dem Höhepunkt ihres Ruhms konnten sich die Beatles wirklich alles erlauben: ein sich einspielendes Orchester zu Beginn des neuen Albums, Stücke mit Hahnenschrei, Hundegebell und Pferdegetrappel, Jahrmarktsgeklingel, ein Harfen-Intro, Instrumente namens Dilruba, Tamboura und Tabla, ein Liebeslied an eine Politesse und einen Paukenschlag als Schlussakkord samt schallendem Gelächter auf der eigentlich toten Auslaufrille. Die Platte „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“, die am 1. Juni 1967 veröffentlicht wurde, vor fast genau 50 Jahren, gilt als kreatives Feuerwerk.

 

George Harrison, John Lennon, Paul McCartney und Ringo Starr hatten seit „Love me do“, ihrer ersten Single 1962, die Musikwelt auf den Kopf gestellt. Die „Beatlemania“ verbreitete sich rasend schnell und überall wie ein Virus. Die „Fab Four“ hatten innerhalb von vier Jahren alles erreicht: sieben Bestseller-Alben, zahllose Fernsehauftritte, endlose Tourneen. Sie sprühten noch immer vor Ideen, waren aber der Reisen und Konzerte müde.

 

Dem Burn-out begegneten die Mittzwanziger im August 1966 mit ihrer Entscheidung, nicht mehr öffentlich aufzutreten. Von nun an waren die Beatles unter ihrer Käseglocke verschwunden – mit Ausnahme ihres Freiluft-Gigs auf dem Apple-Dach im Januar 1969. Bereits im Sommer 1966 hatte Brian Wilson im sonnigen Kalifornien mit dem Beach Boys-Album „Pet Sounds“ gezeigt, was möglich ist in Instrumentierung, Aufnahmetechnik und Produktion. Die Beatles fühlten sich herausgefordert. Es entstand ein ebenbürtiges Meisterwerk, wohl das erste Konzeptalbum der Rockgeschichte.

 

Ab Mitte der Sechziger arbeiteten Lennon, McCartney und Harrison mit ihren Kompositionen und musikalischen Ideen und Fragmenten immer häufiger nebeneinander – das Miteinander arrangierte George Martin. „Sgt. Pepper’s war wohl in der Hauptsache Pauls Werk“, sagte der langjährige Produzent rückblickend. Von 13 Titeln steuerte John nur drei bei: „Lucy in the Sky with Diamonds“, „Being for the Benefit of Mr. Kite“ und „Good Morning“. Von George stammte unverkennbar das indisch angehauchte „Within you Without you“.

 

Zudem wurde es die aufwendigste Produktion der Beatles in den Abbey Road Studios. Für jeden Titel war fast eine Woche Aufnahmezeit nötig. Damit stiegen die Kosten auf die damals astronomische Summe von umgerechnet 330.000 Mark. Zum Vergleich: Die erste Platte „Please Please me“ 1963 spielten sie in sechs Aufnahmetagen ein.

 

 

 

Ebenso teuer war das legendäre Plattencover von „Sgt. Pepper’s“, das in Entwurf und Ausstattung neue Maßstäbe setzte. Das Werk von Peter Blake ist eine Collage, die in der frühen britischen Pop Art eine Wiedergeburt erlebte, nachdem sie zuvor im Dadaismus in die Kunst integriert worden war. Dies zeugt von Blakes hohem Reflexionsniveau über die Herkunft der Popkunst aus der Popkultur. Abgebildet sind Personen der Zeitgeschichte, die den Beatles nahestanden (Bob Dylan, Edgar Allen Poe, Marlon Brando), aber auch viel Symbolik, Blumen und sonstiger Plunder wie eine Puppe mit der Aufschrift „Welcome The Rolling Stones“.

 

Die Erwartungen im Sommer 1967 waren riesig. Innerhalb von zwei Wochen verkaufte sich die LP allein in England 250 000 Mal, in den USA waren es innerhalb einer Woche über eine Million Stück. Ursprünglich war „Sgt. Pepper’s“ als Doppel-Album geplant, das Projekt wurde von der Plattenfirma EMI jedoch als viel zu kostspielig abgeblasen. Nur das bereits konzipierte Cover blieb – zum Glück.

 

Text: oli/anbeat.com

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