Von nix kommt nix: Lisa Wulff sammelt Preise und Follower. Dass heutzutage im Jazzbusiness der Schnelle den Langsamen schlägt, beweist die 26-jährige Bassistin. Sie kümmert sich um ihre verschiedenen Bands und die Vermarktung im Internet. Mit der Hamburgerin sprach Oliver Schulz.
30.000 Besucher beim Elbjazz-Festival in Hamburg, eine glanzvolle Echojazz-Preisverleihung, immer mehr junge Jazzmusiker drängen nach vorne - was ist mit dem Nischen-Genre für pensionierte Studienräte passiert?
Lisa Wulff: Das Genre ist schon immer vielfältiger gewesen und die Zielgruppe besteht nicht nur aus pensionierten Studienräten – wobei, in meinem Fall schon, denn meine Eltern sind genau das (lacht).
Warum boomt Jazz bei jungen Musikern?
Wulff: Einen großen Umbruch hat es gegeben, da es heutzutage eine instrumentale Ausbildung im Bereich Jazz an Hochschulen gibt. Es gibt mittlerweile eine Vielzahl gut ausgebildeter Instrumentalisten, die eine Plattform suchen, und Festivals bieten eine solche.
Gespielt wird Jazz traditionell bisher eher in dunklen Club-Räumen, Konzertankündigungen leben oft vom Weitersagen. Bringen die vielen talentierten Nachwuchsjazzer auch eine neue Art der Kommunikation mit? Gibt es einen Jazz 2.0?
Wulff: Jazz 2.0 würde ich nicht sagen. Die Art der Kommunikation und Werbung ist heutzutage eine andere. Der größte Teil der Musik, Inspiration und Kreativität findet allerdings immer noch in Club-Räumen statt. Festivals bieten allenfalls einen kleinen Einblick oder vielmehr Überblick über das Geschehen. Den Rest des Jahres verbringen wir ja trotzdem im Proberaum und kleineren Konzertorten.
Sie sind mit 26 bereits JazzBaltica-Preisträgerin, wurden gerade für den Echojazz-Preis nominiert. Bietet die Präsentation in digitalen Kanälen und sozialen Medien den Jazzern mehr Vorteile in der Selbstvermarktung?
Wulff: Da Selbstvermarktung meist nicht die größte Stärke von Jazzmusikern ist, ist es auf eine Art wichtig, dass es solche Preise und dadurch Aufmerksamkeit gibt. Auch die sozialen Medien sind wichtig, bringen aber auch mit sich, dass es eine Flut von Material, von Informationen gibt und man neben einer CD heutzutage z.B. fürs Booking eine gute Homepage haben muss, ebenso Videos, aussagekräftige Fotos. Man muss sich viel hektischer um die Aktualisierung dieser Dinge kümmern als früher.
Weltklasse-Posaunist Nils Landgren hat gesagt: Wer sich für Jazz als Beruf entscheidet, steht vor einem Leben der Ungewissheit, künstlerisch und finanziell. Hat er Recht?
Wulff: Ja. Jazz ist eine musikalische Kunstform, die allgemein keine besondere Aufmerksamkeit und Förderung bekommt. Ohne sehr viel Idealismus und andere Ziele als den finanziellen Erfolg, ist es nicht möglich, zu bestehen. Aber auch das hat Jazz schon immer, auf die eine oder andere Art und Weise, geprägt.
Spielen Sie deshalb so viele Konzerte mit so vielen unterschiedlichen Formationen, wie zuletzt in Oldenburg mit Takadoon und nun an diesem Freitag mit dem Lisa Wulff Quartett im Wilhelm 13?
Wulff: Nein. Ich spiele mit diesen unterschiedlichen Formationen, weil es mir Spaß macht, weil sie mich auf unterschiedliche Weise inspirieren und fordern. Ein Konzert mit Nils Landgren und dem Symphonie Orchester in einer großen Konzerthalle ist etwas völlig anderes als ein Konzert im Club mit meinem Quartett, das meine Kompositionen spielt. Beides ist toll, fordert mich und gibt mir Raum mich weiterzuentwickeln. Ginge es mir um regelmäßiges Einkommen, würde ich vermutlich neben der Konzerttätigkeit an einer Musikschule unterrichten.
anBeat/oli
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