Eigentlich können nur Jungs solche Geräusche machen. Töne, mal aus der Kehle hervorgebracht, mal aus dem Rachen, aus der Nase, vom Zwerchfell kommend und auch aus dem Bauch. Im Allgemeinen nerven Jungs damit – wenn es allerdings eine junge Frau macht, die die Laute und Töne perfekt aneinanderzureihen weiß, wird Kunst daraus.
Franziska Loos hat sich eine einzigartige Stimme antrainiert, die über drei Oktaven hinweg reicht und dabei ein bemerkenswertes Eigenleben entwickelt. Beim Auftritt mit ihrer Formation „loos.extended“ bewies sie im Zusammenspiel mit ihren acht jungen Instrumentalisten, dass ihr Vortrag gleichberechtigt mit anderen funktioniert.
Zur frühen Abendstunde erlebten die Zuhörer im Theater Laboratorium eine Reichhaltigkeit an Spielfreude und Lebenslust, die erst mal gar nicht so leicht zu verdauen war und sicher einige noch auf dem Heimweg begleitete. Denn die von ihr geschriebenen Stücke vermitteln eine Tiefe und Reife, die im modernen Jazz eher ungewöhnlich sind und fast schon dem gerne zitierten Genre Singer/Songwriter zugeordnet werden können. Hier folgt sie den Spuren ihrer Leitbilder Dee Dee Bridgewater und Diane Reeves.
Zum Beispiel erzählt sie in „Generation Anything“ eindringlich von der Beliebigkeit, mit der junge Menschen jedem Trend folgend bis zur Unkenntlichkeit ihrer Persönlichkeit verschwimmen. Parallel wird der Erzählmodus von Lukas Schwegmann am Schlagzeug hinterlegt. Im Intro des Stücks wirken die Schläge auf Kleine Trommel und Becken wie ein Metronom. Das Stakkato klingt erst einmal bedrohlich, zumal die Posaune übernimmt und die einsetzenden Bläser anführt.
„Who Owns The World“, erzählt Franziska Loos später, entstand in ihrer Zeit als Babysitterin eines kleinen Mädchens, das sich die selbstgestellte Frage mit „die Bäume“, „der Himmel“, „die Sonne“ beantwortete. In diesem Duktus wurde auch der Titel geführt. Zur Folklore trug auch Christopher Olesch bei. Der junge Vibraphonist aus Oldenburg, der an der Musikhochschule in Berlin studiert, spielte vor vielen Freunden und Verwandten. In der kleinen Pause gab es sogar eine „Halbzeitansprache“ seines Mentors und Lehrers Florian Poser, der seinem Schüler zu härteren Schlägeln riet, da Olesch sein Instrument ohne eigenes Mikrofon spielte und der Klang zuweilen unter den Bläsern verschwand.
Text und Foto: anBeat/oli
Kommentar schreiben