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Jazz we can

Wenn die Hamburger neidvoll nach Bremen schauen, könnte es dieser Tage um Fußball gehen, oder um die „Jazzahead“. Oliver Schulz hat sich dort umgesehen und umgehört.

 

Nun ist es nicht so, dass die Werder-Spieler den HSV automatisch in die europäische Spitze befördern würden, bei einem Transfer der größten Musikfachmesse des Kontinents wäre das sehr wohl der Fall. Seit Beginn im Jahr 2006 pilgern immer mehr Musiker, Konzertveranstalter und Programmmanager aus aller Welt in die Messehalle und die vielen kleinen Veranstaltungsorte verteilt über die Stadt.

 

Wie der schlaue Donald in Entenhausen den schwerreichen Dagobert narrt, haben die chronisch klammen Bremer den Pfeffersäcken auch bei dieser gestandenen Fachmesse eine Nase gedreht. Ulrich Beckerhoff ist gemeinsam mit Peter Schulze künstlerischer Leiter der Jazzahead. Naturgemäß muss ihn der finanzielle Aspekt Jahr für Jahr umtreiben. „Bremen war immer dafür bekannt, dass hier tolle Ideen entstehen. Man hat auch keine Wahl: Wenn man eine so arme Stadt ist, kommt das automatisch, dann entstehen einzigartige Dinge“, sagt der 70-Jährige, der zudem als einer der virtuosesten Jazztrompeter gilt.

 

Immer mal wieder, und in der letzter Zeit immer stärker, verrät Beckerhoff, gebe es Versuche der Hamburger Organisatoren, dem neu aufgesetzten „Elbjazz“-Festival ein Messe-Format anzudocken. „Wenn man im Geld schwimmt, protzt man und veranstaltet Kultur für reiche Leute. In Bremen finden die Besucher über die ganze Stadt verteilt und an besonderen Orten Jazz.“ Hier werde man eins ums andere Mal überrascht. "Die Jazzahead kann man nur in Bremen machen, weil Bremen so viele Vorteile hat, kurze Wege beispielsweise. Die Stadt ist groß und international, aber eben nicht zu groß und zu international.“

 

Um die Strahlkraft eines Veranstaltungsortes wie der Elbphilharmonie und das Werftgelände von Blohm und Voss zu erreichen, müssen sich die Bremer in der Tat einiges einfallen lassen. So wird das Wojtek Mazolewski Quintet am Samstagnachmittag von einem Lkw herunter die Innenstadt bespielen. Das Programm mit Clubkonzerten und Lesungen hat auch in diesem Jahr weit vor dem eigentlichen Festivalstart am 19. April begonnen, ins Eingemachte geht es aber an den vier Messetagen vom vergangenen Donnerstag bis zum Sonntag.

 

Seit 2011 lädt sich die „Jazzahead“ Partnerländer ein, in diesem Jahr ist mit Polen zum ersten Mal ein osteuropäischer Staat an der Reihe. „Wir haben 2011 mit der Türkei begonnen, weil die Menschen mit türkischen Wurzeln die größte Migrantengruppe in Bremen stellen“, erläutert Beckerhoff.“Dass es endlich mit Polen geklappt hat, freut mich sehr.“ Es habe der Jazzszene im östlichen Nachbarland aber lange Zeit an Sichtbarkeit gefehlt, zum Beispiel durch Konzertreihen oder Messeauftritte. Das Jahr 2018 passe gut, das Land die Wiedererlangung seiner Unabhängigkeit vor 100 Jahren feiert. Der Status als Gastland sei sehr nützlich, sagt Beckerhoff. Die Finnen hätten im Vorjahr davon sehr profitiert - und präsentieren ihre Jazzszene an einem eigenen Stand. 

 

Die Stimmung ist jedenfalls gut an den Messeständen. Schon am hellichten Nachmittag wird angestoßen auf ein gutes Gelingen, auf gute Geschäfte und ein unterhaltsames Musikprogramm, an dem man noch bis Sonntagnacht teilhaben kann. 

 

oli/anbeat.com

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