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Magic Miller

Spielt der Gitarrist zehn Minuten solo, gehen die Leute. Spielt der Bassist solo, dann tanzen sie. So cool ist dieses Instrument, und so cool ist Marcus Miller. Man muss vorsichtig sein mit Superlativen, doch der 58-jährige US-Amerikaner gilt als stilprägend für eine Generation von E-Bassisten. Der umjubelte und glanzvolle Auftritt seiner Band in der nahezu ausverkauften Kulturetage war Beleg dafür, meint Oliver Schulz. 

Über Marcus Miller kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben. Wer als Studio- und Sessionmusiker mit Weltstars wie Al Jarreau, David Sanborn, Jean Michael Jarre und Aretha Franklin zusammengearbeitet hat und sogar als Alter ego für Miles Davis in den mittleren Achtzigern fungierte, könnte eigentlich den E-Bass der Marke Fender, den der legendäre Gitarrenbauer ihm gewidmet hat, als Monstranz vor sich tragen.

 

Bassspieler in aller Welt können sogar überprüfen, wie sehr sie Millers Spielstil verfallen sind. Das „Slapping“, also das Anschlagen der Basssaite mit dem Daumen, hat er zur Weltmeisterschaft gebracht. In teilweise unglaublichem Tempo erzeugt er auf diese Weise seinen bekannten perkussiven Klang, der in seinen Stücken groovig und funky wirkt.

Doch die meisten seiner Fans waren nicht allein des Theoriestudiums wegen gekommen, sondern überwiegend wegen der praktischen Anwendung. Über zwei Stunden führte der Bassist souverän durch den Abend. Überhaupt zeigte Marcus Miller auf der Bühne nichts von der Introvertiertheit, die man allgemein diesen Instrumentalisten nachsagt. Er ist der Bandleader, der Chef an der Rampe.

 

Angeeignet hat sich Miller die Führungskompetenz in der Zusammenarbeit mit Miles Davis beim legendären Album „Tutu“ im Jahr 1986, für das er sechs Stücke schrieb und das er selber produzierte. Zuvor hatte er bereits als Musiker und Arrangeur für Davis gearbeitet. Auf dem mit dem Grammy prämierten Album „Tutu“ spielte das Multitalent außer Bass und Gitarre noch Synthesizer, Bassklarinette und Sopransaxophon.

 

Millers Band zeigte in Oldenburg ein ambitioniertes Programm, das hier und da von einem starken Brummen aus den Boxen begleitet wurde. Darunter waren „Hylife“ und die zeitgemäße Instrumentalversion des Temptations-Klassikers „Papa was a Rolling Stone“ von „Afrodeezia“, das Miles Davis-Cover „Amandla" sowie die Stücke „Trip Trap“ und „Sublimity“ des im Juni erscheinenden neuen Albums. Und die Variation von „Tutu“ schließlich verlieh dem Abend das Prädikat „magisch".

 

Es war die Homogenität des Sounds, die das Konzert zu einem großen Erlebnis werden ließ: Die Fans erlebten einen der weltbesten Jazzbassisten inmitten einer herausragenden Band. Und diese treffliche Mischung ließ das Publikum nicht nur tanzen, sondern sogar schweben.

oli/anbeat.com

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