· 

Lagerfeuer fürs Ohr

 

Man kann derzeit nur inständig hoffen, dass der überdimensionale Schlauchschal unter der dunklen Ballonmütze gegen Viren aller Art schützt: Das wunderbare Konzert in der ausverkauften Oldenburger Weser-Ems-Halle am Abend des 9. März war auf jeden Fall erst einmal das letzte Konzert von Gregory Porter.

 

Sein Timbre ist Lagerfeuer fürs Ohr: es flackert, knistert und prasselt, lodert und wärmt. Sein cremiger Bariton umschmeichelt die Seele, und derart eingelullt scheint man bereit, ihm überall hin zu folgen. Der Weltstar mit der großen Ballonschalmütze auf dem Kopf hat nichts von seiner Aura eingebüßt.

 

Vermutlich haben ihn die rund 1600 Zuschauer in der ausverkauften Kongresshalle in Oldenburg ebenso erlebt und genossen. Die Begeisterung kannte nach dem regulären Programm schon keine Grenzen mehr und beförderte das Publikum applaudierend von den Sitzen. Vor der Zugabe lagen gut anderthalb Stunden mainstreamiger Jazz mit Einflüssen aus Soul, Gospel und Rhythm & Blues – gleichermaßen herausragend wie erwartbar, weil Porters Ensemble die hohe Messlatte kaum mal unterschreitet.

 

Die Musiker Chip Crawford (Klavier), Aaron James (Bass), Emanuel Harrold (Schlagzeug) und Tivon Pennicott (Tenor-Saxofon) spielten wie aus einem Guss. Kein Wunder, waren sie doch alle schon mit dabei auf dem Erfolgsalbum „Liquid Spirit“, mit dem dem gebürtigen Kalifornier 2014 der Durchbruch weltweit gelang. Seither ist er hofierter Gast auf allen großen Jazz-Festivals.

 

In der Oldenburger Kongresshalle verzichtete Gregory Porter auf Experimente oder überraschende Arrangements, sondern vertraute auf große Erfolge wie „If Love Is Overrated“, „No love dying“, „Water under bridges“, „Hey Laura“ und „Musical Genocide“, aber auch „Take Me to the Alley“ oder seine Version des Motown-Klassikers „Papa was a Rollin’ Stone“.

 

Gleichzeitig offerierte Porter mit dem Titel „Revival“ einen Einblick ins neues Album „All Rise“, das am 17. April herauskommen wird. Eigentlich hat der 48-Jährige keine Wiederbelebung oder Neuentdeckung nötig, vielleicht ist es aber auch ein Schwenk zurück in Richtung Soul, nachdem zuletzt Titel von Nat King Cole im Mittelpunkt standen. Manchem war es eine Spur zu dick, wenn der Bariton noch mit Streichern unterlegt wurde.

 

Überraschendes hatte der 18-jährige Matthew Whitaker bereits im Vorprogramm geboten. Der blinde Organist und Pianist eroberte das Publikum schon nach wenigen Minuten. In Gestik und Mimik an „Little Stevie“ erinnernd, zeigte er sein Talent auf dem Weg nach oben.

 

Text: oli/anbeat.com

Kommentar schreiben

Kommentare: 0