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Hinter der Mauer

 

Phil Spector ist tot: Genie und Wahnsinn lagen beim legendären Musikproduzenten der Sechziger- und Siebzigerjahre stets beieinander – vielleicht war es auch ein Grund, warum John Lennon weit mehr mit dem Erfinder der "Wall of Sound" anfangen konnte als Paul McCartney. Keine Würdigung.

 

Das Ende war so jämmerlich wie sein halbes Leben. Als verurteilter Frauenmörder ist Phil Spector im Alter von 81 Jahren gestorben, teilte die kalifornische Gefängnisbehörde mit. Als der ehemalige Musikproduzent 2009 wegen des damals sechs Jahre zurückliegenden Mordes an der Schauspielerin Lana Clarkson zu langer Gefängnisstrafe verurteilt wurde, war absehbar, dass der Tod im Knast eher eine Erlösung dieses verpfuschten Lebens sein würde.

 

Mit oder an Phil Spector konnte man sich trefflich abarbeiten - man liebte ihn oder man hasste ihn. Und ob am Ende der Beatles im April 1970 die Trennung trotz oder wegen Spectors Ein- und Abmischung beim letzten Album „Let It Be“ vollzogen wurde, ob dabei die Streicher auf „The Long And Winding Road“ der Spaltpilz waren oder doch nur gekränkte Eitelkeiten die entscheidende Rolle spielten, war beim „Schwanengesang“ der zerstrittenen Band fast egal. Der eigentliche Produzent George Martin sagte dazu: „Ich habe Spectors Arbeit immer bewundert und hielt seine Arrangements stets für fantastisch. Aber bei ,Let It Be‘ hat er all das draufgepackt, was uns verboten war. Ich habe ihm das verübelt, denn in meinen Augen hat er Schund abgeliefert.“ George Harrison und Ringo Starr hingegen waren einverstanden gewesen, und so wurde das Album mit der „Wall of Sound“ versehen.

 

 

Mit seiner „Klangmauer“, dieser revolutionären Aufnahmetechnik, die durch eine hohe Sounddichte und durch den intensiven Einsatz von Audioeffekten gekennzeichnet war, hatte er Anfang der Sechzigerjahre mit „Da Doo Ron Ron“ (The Crystals), „Be My Baby“ (The Ronettes), „Unchained Melody“ und „You’ve Lost That Lovin’ Feelin’“ (The Righteous Brothers) oder „River Deep Mountain High“ (Ike and Tina Turner) die Hitmaschine angeworfen.

 

Seine Produktionskünste wurden von musikalischen Größen gefeiert. Für nachhaltigen Ruhm sorgten schließlich Spectors Mitarbeit an Lennons „Imagine“, Harrisons „My Sweet Lord“ und „Rock ’n’ Roll High School“ der Ramones. Als er Mitte 20 war, hatte er schon mehr als 20 Hit-Singles produziert und war Platten-Millionär.

 

Dem exzentrisch auftretenden Spector hatten Wegbegleiter schon in dessen erfolgreichsten Jahren eine dunkle Seite bescheinigt. Er sei herrisch und gefährlich gewesen, berichteten die Sängerinnen Darlene Love, Ronnie Spector und andere, die mit ihm gearbeitet hatten. Immer wieder soll er mit Waffen herumgefuchtelt und Frauen bedroht haben. Eine Gewalttat schien zwangsläufig.

 

 Text: oli/anbeat.com

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